Geburt von Carlotta
Eine überraschende 3. Schwangerschaft….
Diese Information geht zunächst an den Mann. Dann aber unverzüglich ans Geburtshaus, denn nur dort sollte unsere 3. Tochter zur Welt kommen.
ET war der 30.12. Ich war sehr froh, dass wir es über Weihnachten geschafft haben und als dann ab dem 29.12. meine Herzenshebamme Bereitschaft hatte, war ich mental bereit. Ich habe mich viel ausgeruht, war jeden Abend baden und zeitig im Bett. Ich konnte vor abendlicher Nervosität allerdings wahnsinnig schlecht einschlafen. So auch am 30. und nachdem die Großen eingeschlafen sind, habe ich es mir mit einer Serie nochmal auf dem Sofa bequem gemacht. Ziemlich genau um 00.00 habe ich eine sehr leichte, aber deutliche Wehe gespürt. Etwas wie Vor- oder Senkwehen hatte ich bei keiner Schwangerschaft zuvor erlebt, daher konnte ich das nicht ganz einordnen. Bin sicherheitshalber husch husch ins Bett und war irgendwie froh, dass mein Mann auch noch wach war. 20 Minuten später nochmal eine Wehe. Mmhh, machte irgendwie nervös. 00.40 Uhr tatsächlich nochmal. Ich war entspannt, bis mein Mann sagte, er könne wegen MEINER Unruhe nicht einschlafen. Dann hat es mich auch nervös gemacht. Und dann kam es so wie ich es kannte, erwartete und die ganze Zeit über prophezeit hatte: Die 500 PS-Geburt!
Ich musste auf die Toilette und hatte schlagartig Durchfall. Zudem fing ich übel an zu zittern (doch noch was Neues!). Noch vor Ort verschoben sich die Wehen vom vorderen Unterbauch ins Kreuzbein. Meine erfolgreich verdrängten Gedächtniszellen schrien laut auf: Da hast du sie, deine so herbeigewünschten Wehen! Da wir von nun an offensichtlich ein Rennen zu gewinnen hatten, hat sich der Wehenabstand direkt auf 3 Minuten verkürzt. Nach drei getrackten Wehen habe ich das Handy beiseitegelegt und auf allen Kanälen Alarm geschlagen. Unser Nachbar wurde informiert, sofort rüber zu uns zu kommen, Er sollte bleiben, bis meine Schwester hier eintraf (Lerneffekt aus dem letzten Rennen). Meine Hebamme wurde informiert und machte sich auch auf den Weg. Mein Mann war schlagartig angezogen und packte das Auto (wohl auch ein Lerneffekt aus der letzten Geburt…)
Ich hatte derweil schon Mühe mich anzuziehen und fortzubewegen und musste mich voll darauf konzentrieren, in den kurzen Wehenpausen vorwärtszukommen. 01.30 Uhr saßen wir im Auto und Mann und Geburtsfortschritt machten einen Wettrennen miteinander. In den Wehenpausen schüttelte ich nur den Kopf und fluchte. Wozu übe ich Entspannungsatmungen, wenn es dafür gar keine Zeit gibt?? Wann soll ich bitte meine so aufwändig erstellte Geburtsplaylist hören?? Und wer glaubt ernsthaft, dass man Wehenschmerzen wegamten kann?? ????
Gegen 02.00 Uhr sind wir im Geburtshaus angekommen und ich brauchte gefühlt ewig bis hoch in die Räume. Mein PS geladener Körper war offensichtlich nicht für Treppengelände ausgelegt. Kurz konnte ich mich oben angekommen wieder freuen an diesem Ort mein Kind zu gebären: Kerzen, gedimmtes Licht, meine geliebte Gebärwanne und meine noch mehr geliebte Geburtsbegleitung, die mich einfach machen ließ. Ich musste wahnsinnig nötig auf Toilette und hab mich dort erstaunlich wohl gefühlt. Ein bekannter Ort, an dem man sich ohne Hemmungen öffnen kann. Dies zeigte sich darin, dass mein Körper plötzlich eine Presswehe hervorbrachte. Das machte mich dann doch ungläubig und ich rief nach der Hebamme. Sie untersuchte mich vor Ort und Stelle, meinte der Fruchtblase mit Kopf steht prall und flitzte zur Wanne und ließ Wasser ein. Ich fragte, was der Muttermund, denn sagt und sie schmunzelte, der sei bei diesem Befund nicht mehr da.
Erleichterung durchlief mich- diese Wehen waren nicht ausgelegt für ein Langstreckenrennen. Ich konnte aber auch zugleich nicht glauben, dass es wirklich so schnell ablaufen kann. Angekommen in der Wanne kam ich direkt in „meine“ Gebärposition: auf die Knie, Beine breit und Hände ans Tuch. Die Hebamme erklärte mir, das könnte jetzt 5 oder 30 Minuten dauern. Ich konnte es immer noch nicht glauben. Nach zwei weiteren Presswehen schaffte ich es, mich mal vom Tuch zu lösen und nach dem Köpfchen zu fühlen und mein bis dahin sicherlich toternster und angestrengter Gesichtsausdruck wich purer Glücksausstrahlung. (Yes, es gibt ein Foto davon!) Ich habe den Kopf in meine Hand geboren, ihn lachend gestreichelt, meinen Mann zum Hinschauen begeistert. Zwei Wehen später und mit kleinem Handgriff der Hebamme (scheiß auf hands off, das war so hilfreich!) schlüpfte mein Baby ins Wasser. Und diesmal war ich vorbereitet und ruhig: ich schaute sie mir unter Wasser an und hob sie ganz langsam und achtsam hoch in meine Arme. Ohne Mist: es hätte besser nicht sein können! Dieses Rennen haben wir ganz klar gewonnen! Um 02.35 Uhr, keine zwei Stunden nach Wehenbeginn.
Wir kuschelten bestimmt eine halbe Stunde in der Wanne, aus der ich lachend die eintreffende zweite Hebamme begrüßte. Es folgten drei Stunden in Trance mit erstem Stillen, Vernähen des kleinen Dammrisses, U1 und jeder Menge Schokolade und Cola (Shoutout an Prof. Louwen!).
Halb sieben sind wir wieder zuhause angekommen. Mein Mann ist zu den Kindern ins Bett geschlichen und meine Schwester und ich haben Sekt trinkend das Baby angestarrt. Gegen acht sind die Mädels zu uns gekommen und so sprachlos habe ich die beiden noch nie gesehen. Die Große brauchte viele Erklärungen wie das jetzt passiert ist und die Kleine stürmte zu Papa, um ihn zu wecken und ihm das neue Baby zu zeigen ????
Und hier sitze ich einen Tag später und tippe den Bericht. Habe zwischendurch reichlich viel das Babyköpfchen gestreichelt und ihren Duft aufgesogen. Mir laufen dabei die Tränen. Tränen des Abschieds von diesem Lebensabschnitt, der mich mehrere Jahre prägte. Kaiserschnitt, Aufarbeitung, Wissenserlangung, Durchsetzung, Vertrauen, Heilung, Geburt, Gebärende sein. Und Tränen des Glücks. Drei gesunde wunderschöne Mädchen, zwei interventionsfreie und selbstbestimmte Geburten und ein Mann der mir Frühstück ans Bett bringt.
Danke Apfelbaum!